Kultur der Selbstständigkeit fördern

Mittelstand in NRW sieht Förderpotenzial

Düsseldorf. Nach Ansicht des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) braucht es in Nordrhein-Westfalen mehr Mut zur öffentlichen Gründungsförderung. Es sei ökonomisch notwendig, mit entsprechenden Fördermitteln wie den staatlichen Mikrodarlehen und dem Einstiegsgeld Unternehmensgründungen zu ermöglichen.

Die Beschäftigungskrise in manchen Regionen Nordrhein-Westfalens gehe nach Ansicht von BVMW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte Hand in Hand mit ausufernden Soziallasten und Schuldenhaushalten der Kommunen, die ihrerseits Investitionen zurückfahren müssen:

„Ohne die wirtschaftliche Dynamik einer Kultur der Selbständigkeit, aus der letztlich auch Beschäftigungserfolge wachsen, wird es nicht gelingen, regionales Wachstum zu generieren. Die Leuchtturmpolitik der Vergangenheit, flankiert von jahrzehntelangen Subventionsspiralen, ist mit Blick auf die hohen Arbeitslosenraten vor allem in den Kommunen des Ruhrgebiets gescheitert. Die Region muss heute mit niedrigen Wachstumsraten, hohen Haushaltsdefiziten und einer gesellschaftlich unakzeptablen Unterbeschäftigung leben. Die Politik wäre gut beraten, erfolgreiche Instrumente wie das Einstiegsgeld für Arbeitslose zur Unternehmensgründung und Mikrodarlehen öffentlicher Banken regional besser zu steuern und auszuweiten. Hier schlummert ein erhebliches Gründungspotenzial, aus alten Industriebrachen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.“

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte bereits zu Jahresbeginn auf eine grundsätzliche Zurückhaltung der Jobcenter bei der Vergabe des Einstiegsgeldes hingewiesen. Die Zahl der Vergaben hatte sich bundesweit zuletzt um 75 Prozent auf 8.000 im Jahre 2012 reduziert und befindet sich seit 2007 auf stetigem Sinkflug, als sie mehr als 32.000 Fallzahlen erreichte. Die wirtschaftliche Bedeutung der Selbstständigkeit unterstrich jetzt das Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn), das die Zahl der Selbständigen, gemessen am Taxpayer-Panel im Jahre 2007 auf rund 6,8 Millionen Personen errechnete, was deutlich von der bisherigen Schätzung des Mikrozensus abweicht. Diese Zahl dürfte seitdem weiterhin gestiegen sein.

„Die Förderpolitik bildet die strukturelle Entwicklung der Selbständigkeit in Deutschland nicht adäquat ab. Der Mittelstand setzt auf eine Kultur der Eigenverantwortung und ökonomischen Selbständigkeit, die gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Wandel ermöglicht. Wirtschaftspolitik muss nach unserer Meinung gerade im Gründungsprozess ansetzen, um der wirtschaftlichen Dynamik und dem Strukturwandel gerecht zu werden. Allerdings stellen wir fest, dass gerade die Vergabe des Einstiegsgeldes zur Ermessensentscheidung der Jobcenter mutiert und offenkundig die Linie verfolgt wird, das Einstiegsgeld zu einem stumpfen Schwert abzuschleifen. Gerade vor dem Hintergrund des positiven Beschäftigungseffekts und der Bestandsfestigkeit von Neugründungen bedauern wir im Mittelstand diese Entwicklung. Jede Neugründung schafft dauerhaft zwei bis drei neue Jobs und wäre ein weiterer Beitrag auf dem Weg zu einem erfolgreichen Strukturwandel, der von der Mitte unserer Gesellschaft getragen wird“, so Schulte.

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