Linke beantragt Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Kardinal Jaeger

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v.l.: Ratsfrau Roswitha Köllner, Bürgermeisterkandidat Reinhard Borgmeier und sachkundiger Bürger Dustin Siebert verfolgten aufmerksam die Ausführungen von Wolfgang Stücken (2.v.r.) und Peter Bürger.

Paderborn. Die Fraktion der Linken im Paderborner Stadtrat fordert die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Kardinal Lorenz Jaeger. Ein entsprechender Antrag soll im Stadtrat am 22. Mai beraten werden. Bereits vor zehn Jahren hatte die Fraktion einen ähnlichen Vorstoß unternommen, damals jedoch ohne Erfolg.

Lorenz Jaeger war von 1941 bis 1973 Erzbischof von Paderborn und wurde 1965 von Papst Paul VI. zum Kardinal ernannt. Die Kritik an Jaeger richtet sich insbesondere gegen seine nationalistische und militaristische Haltung im Zweiten Weltkrieg sowie gegen seinen Umgang mit sexuellem Missbrauch innerhalb der Kirche.

„Jetzt, 50 Jahre nach seinem Tod, ist eine erneute Bewertung seiner Rolle zwingend notwendig“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Reinhard Borgmeier. Die neueren historischen Forschungen würden ein kritischeres Licht auf Jaegers Wirken werfen.

Bei einem Pressegespräch in Paderborn stellte der Düsseldorfer Theologe und Friedensaktivist Peter Bürger aktuelle Forschungsergebnisse vor. „Lorenz Jaeger war ein erwiesener Nationalist und Militarist“, so Bürger. Besonders problematisch sei ein von Jaeger im Krieg verfasstes Bischofswort, das den deutschen Angriffskrieg gegen die Sowjetunion christlich legitimiert habe. „Ein solcher Mann sollte im öffentlichen Raum nicht länger als Ehrenbürger geehrt werden“, forderte Bürger.

Auch der Paderborner Buchautor und langjährige Journalist Wolfgang Stüken beteiligte sich am Gespräch. Er verwies auf ein in Vorbereitung befindliches Buch mit dem Titel „Missbrauch im Erzbistum Paderborn – Eine kirchenhistorische Einordnung“, das sich mit den Amtszeiten von Jaeger und seinem Nachfolger Johannes Joachim Degenhardt (1941–2002) beschäftigt. Die Veröffentlichung ist für das Jahr 2026 geplant.

Im Zentrum der Missbrauchsdebatte steht unter anderem der Fall des 2023 öffentlich gewordenen Weihbischofs Franz Hengsbach. Dieser war 1953 von Jaeger zum Bischof geweiht worden. Laut Recherchen der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Paderborn soll Hengsbach 1954 gemeinsam mit seinem Bruder eine 16-jährige Hausangestellte regelmäßig sexuell missbraucht haben. Beide Männer waren von Jaeger ins Priesteramt berufen worden.

„Vor dem Hintergrund dieser neuen Erkenntnisse ist die Ehrenbürgerschaft aus unserer Sicht nicht mehr tragbar“, betonte Borgmeier abschließend.

Ob der Antrag im Rat eine Mehrheit finden wird, bleibt abzuwarten. In der Paderborner Öffentlichkeit dürfte die Diskussion jedenfalls für Kontroversen sorgen.

Foto: Die Linke

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