Internationale Pflegekräfte als Lösung gegen Fachkräftemangel

Pflegekraefte
Die Gewinnung und Bindung von internationalen Pflegefachkräften standen im Mittelpunkt des 16. Paderborner Caritas-Diskurs Ethik.

Kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein

Paderborn. Die Gewinnung und Integration internationaler Pflegefachkräfte stand im Fokus des 16. Paderborner Caritas-Diskurs Ethik. Vor dem Hintergrund des zunehmend spürbaren Fachkräftemangels im Gesundheits- und Pflegesystem diskutierten Experten auf Einladung des Diözesanen Ethikrates des Erzbistums Paderborn über ethische Herausforderungen und Chancen, die mit der Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland verbunden sind.

Bereits mehr als 15 Prozent der in Deutschland Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich stammen aus dem Ausland, stellte Ralf Nolte, Diözesan-Caritasdirektor, fest. Ohne internationale Fachkräfte seien die aktuellen Standards in der Pflege nicht mehr zu halten. „Es reicht jedoch nicht, lediglich Arbeitsverträge abzuschließen. Wir sind moralisch verpflichtet, die Fachkräfte beruflich und menschlich zu fördern und ihre Integration in unsere Gesellschaft zu unterstützen“, so Nolte.

Ethische Verantwortung und strukturelle Herausforderungen

Kathrin Waldhoff, Mitglied des Diözesanen Ethikrates, betonte, dass nicht alles, was möglich sei, auch ethisch vertretbar sei. Sie sieht eine enorme Herausforderung darin, Pflegekräfte, die von weither kommen, erfolgreich in das deutsche System zu integrieren.

Prof. Dr. Birgit Leyendecker, Entwicklungspsychologin an der Ruhr-Universität Bochum, hob die Notwendigkeit von Zuwanderung im Pflegebereich hervor, kritisierte aber gleichzeitig die langen Anerkennungsverfahren für ausländische Fachkräfte. Diese bürokratischen Hürden machten Deutschland für viele Bewerber unattraktiv. „Wir müssen zwischen der Sicherheit bei der Anerkennung von Qualifikationen und einer schnelleren Integration eine Balance finden“, forderte sie.

Neben bürokratischen Hürden seien auch Vorurteile und negative Stimmungen in der deutschen Bevölkerung problematisch. Leyendecker betonte, dass eine verbesserte Willkommenskultur sowie attraktivere Arbeitsbedingungen notwendig seien, um Fachkräfte langfristig zu binden. Dabei müsse auch der „Braindrain“ – der Abzug von Fachkräften aus den Herkunftsländern – vermieden werden.

Marktversagen und staatliche Regulierung

Der Moraltheologe Prof. Dr. Peter Schallenberg unterstrich, dass der Gesundheitsmarkt in einer Marktwirtschaft nicht von selbst funktioniere. Staatliche Eingriffe seien notwendig, um das Marktversagen in der Gesundheitsversorgung auszugleichen. Er kritisierte die Vermischung von Asylrecht und Wirtschaftsmigration in Deutschland und lobte Länder wie Australien und Kanada, die eine klarere und effizientere Anwerbungspolitik verfolgten. Entscheidend sei, die Menschenwürde der Arbeitsuchenden aus dem Ausland zu achten, was faire Löhne, angemessene Arbeitsbedingungen und das Recht auf Familiennachzug einschließe.

Praktische Integrationserfahrungen

Christian Jostes, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge (KHWE), machte deutlich, dass die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte nur ein „Mosaikstein“ in der Lösung des Fachkräftemangels sei. Sein Verband, der etwa 3000 Mitarbeitende beschäftigt, hat in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Kreis Paderborn erfolgreich Pflegekräfte aus Indien für die Geriatrie und ambulante Pflege gewonnen. Neben der beruflichen Integration ging es dabei auch um praktische Unterstützung im Alltag, wie die Organisation von Wohnraum, Sprachkursen und die Einführung in den deutschen Alltag.

Die Teilnehmer des Diskurses waren sich einig, dass die Integration internationaler Pflegekräfte eine nicht nur fachliche, sondern auch ethische Herausforderung darstellt. Dr. Johannes Kudera, Geschäftsführer des Diözesanen Ethikrates, forderte daher, dass der Staat einen fairen und ethischen Rahmen für die Anwerbung und Integration internationaler Fachkräfte schaffen müsse. Trotz aller Bemühungen lasse die Politik zur Stärkung des Pflegesektors noch immer viel zu wünschen übrig.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Internationale Pflegekräfte sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Doch um eine nachhaltige Lösung zu finden, sind neben der Integration ausländischer Fachkräfte auch strukturelle Reformen, verbesserte Arbeitsbedingungen und eine aktive Willkommenskultur notwendig. Nur so kann der Pflegenotstand langfristig überwunden werden.

Foto: Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V.

nach oben