Wissenschaftlicher Nachlass Margit Naarmanns wechselt Besitzer

Übergabe des wissenschaftlichen Nachlasses von Margit Naarmann an das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn: (v. r.) Stadt- und Kreisarchivar Wilhelm Grabe, Julia Naarmann, Benedikt Naarmann, Kulturdezernent Carsten Venherm und Stadt- und Kreisarchivar Jonas Eberhardt. ©Stadt Paderborn
Übergabe des wissenschaftlichen Nachlasses von Margit Naarmann an das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn: (v. r.) Stadt- und Kreisarchivar Wilhelm Grabe, Julia Naarmann, Benedikt Naarmann, Kulturdezernent Carsten Venherm und Stadt- und Kreisarchivar Jonas Eberhardt. ©Stadt Paderborn

Übergabe an das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn

Die Paderborner Historikerin Dr. Margit Naarmann hatte sich in ihrem wissenschaftlichen Leben ganz der Erforschung der jüdischen Geschichte in Stadt und Kreis Paderborn verschrieben.

Schon zu Lebzeiten hatte sie angekündigt, dass ihr wissenschaftlicher Nachlass dereinst ins Stadt- und Kreisarchiv Paderborn gelangen solle. Nach ihrem Tod 2016 erfüllten ihre Kinder Julia und Benedikt Naarmann auch im Namen ihres Vaters Berthold nun diesen Wunsch.

Margit Naarmann promovierte über „Die Paderborner Juden 1802-1945“. 1988 erschienen, wurde die Dissertation schnell zu einem Standardwerk.

Akribisch erforschte Naarmann die Geschichte aller jüdischen Familien in Paderborn weiter, sammelte Informationen aus Akten weltweit, korrespondierte mit Angehörigen, Freunden und Bekannten ehemaliger Paderborner Juden, erhielt zahlreiche Fotos und etliche Informationen und fasste auch diese Forschungsergebnisse 1998 in dem Standardwerk „Von ihren Leuten wohnt hier keiner mehr“ zusammen. Zwei Jahre später folgte ihre Geschichte des jüdischen Umschulungs- und Einsatzlagers am Grünen Weg in Paderborn. Daneben veröffentlichte sie zahlreiche Aufsätze zur Geschichte des Judentums. 2016 verstarb die ob ihrer Forschungen und ihres ehrenamtlichen Einsatzes für die Versöhnung von Juden und Christen Hochgeehrte: 2001 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz, 2007 den Niels-Stensen-Preis, 2009 wurde sie Ehrenringträgerin der Stadt Paderborn. Ihr wissenschaftlicher Nachlass, der aus den beschriebenen Forschungsunterlagen, aber auch aus etlichen Metern Fachliteratur, Manuskripten und Vorträgen besteht, wird nun im Stadt- und Kreisarchiv aufbewahrt und zügig für die Benutzung erschlossen.

Bei der Übergabe erzählte Benedikt Naarmann, dass seine Mutter durch sehr persönliche Erfahrungen zu ihrem Thema gefunden habe. In den 1960er-Jahren sei sie als Au-Pair-Mädchen in einer jüdischen Familie in Edinburgh mit den düstersten Kapiteln deutscher Geschichte konfrontiert gewesen: „Den damals beginnenden Prozess der Auseinandersetzung hat sie für sich als Lebensaufgabe angenommen“, so Naarmann. Und schlug gleich den Bogen zur aktuellen politischen Lage. In der heutigen Zeit, in der Menschen wieder aufgrund ihrer Herkunft stigmatisiert würden und der gesellschaftliche Diskurs von Hass, Spaltung und „alternativen Fakten“ geprägt sei, sei ein Blick in die Geschichte umso wichtiger. Kulturdezernent Carsten Venherm zeigte sich stark beeindruckt von dem umfangreichen Material und konnte das Lesen in den teils emotionalen Akten kaum unterbrechen.

Zahlreich waren in den vergangenen Jahren die Anfragen ans Stadt- und Kreisarchiv aus dem gesamten Bundesgebiet vor allem zu einzelnen jüdischen Familien aus Paderborn. Weitere liegen bereits vor, die die städtischen Archivare nun noch fundierter beantworten können.

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